18.June 2025

Die Darm-Hirn-Haut-Achse: Wie unser Bauch und unsere Psyche die Haut beeinflussen

 

Unsere Haut ist mehr als nur eine äußere Hülle. Sie reagiert auf das, was wir essen, wie wir uns fühlen – und sogar darauf, was in unserem Darm passiert. Die sogenannte Darm-Hirn-Haut-Achse beschreibt die enge Verbindung zwischen dem Darm, dem Gehirn und der Haut. Dieses Zusammenspiel erklärt, warum psychischer Stress Hautprobleme verschlimmern kann, warum eine gestörte Verdauung Akne oder Neurodermitis beeinflussen kann – und warum Probiotika manchmal gegen Hautprobleme helfen.


1. Was ist die Darm-Hirn-Haut-Achse?

Die Darm-Hirn-Haut-Achse ist ein Netzwerk aus Kommunikation zwischen drei Organen:

 

- Darm (mit seinen Milliarden Bakterien – dem Mikrobiom),

 

- Gehirn (das Hormone, Stressreaktionen und Nervenimpulse steuert),

 

- Haut (die auf Entzündungen, Hormone und Immunreaktionen reagiert).

 

Diese drei Systeme tauschen ständig Informationen aus – über das Nervensystem, über Hormone, über das Immunsystem und über Botenstoffe, die von Bakterien oder Körperzellen produziert werden.


2. Die Rolle des Darms: Das Mikrobiom als Schaltzentrale

Im Darm leben Billionen Bakterien, die wir für unsere Gesundheit brauchen. Sie helfen uns nicht nur beim Verdauen, sondern:

 

- regulieren unser Immunsystem,

 

- produzieren Botenstoffe wie Serotonin (das sogenannte Glückshormon),

 

- schützen die Darmwand, damit keine Schadstoffe ins Blut gelangen.

 

Wenn diese Darmflora aus dem Gleichgewicht gerät – z. B. durch Antibiotika, schlechte Ernährung oder Stress –, können schädliche Stoffe (z. B. Endotoxine) ins Blut gelangen. Diese reizen das Immunsystem und können Entzündungen fördern – auch in der Haut.


3. Die Psyche: Wie Stress unsere Haut beeinflusst

Wenn wir gestresst sind, reagiert unser Körper mit der Ausschüttung von Stresshormonen wie Cortisol. Diese Hormone können:

 

- die Hautbarriere schwächen,

 

- Entzündungen fördern,

 

- das Hautmikrobiom verändern.

 

Zudem beeinflusst Stress auch die Darmflora – Stress kann also den Darm aus dem Gleichgewicht bringen, was wiederum Hautprobleme verstärken kann. Typische Beispiele sind Akne-Schübe bei Prüfungsstress oder Juckreiz bei Angst.


4. Die Haut: Spiegel von Darm und Psyche

Die Haut ist kein isoliertes Organ – sie „hört mit“, was im Körper passiert:

 

- Entzündungsstoffe aus dem Darm oder Gehirn gelangen mit dem Blut zur Haut.

 

- Die Haut besitzt eigene Immunzellen und ein eigenes Mikrobiom, das ebenfalls gestört sein kann.

 

- Bei Krankheiten wie Neurodermitis, Psoriasis oder Rosazea ist oft ein Zusammenhang mit dem Darm oder der Psyche zu erkennen.

 

Auch die Haut kann Signale zurück ins Nervensystem senden – zum Beispiel durch Juckreiz oder Schmerz – was wiederum Stress auslösen kann. Ein Kreislauf entsteht.


5. Was bedeutet das für Hauterkrankungen?

Die Forschung zeigt, dass viele Hautprobleme nicht nur von außen, sondern auch von innen behandelt werden können.

 

Mögliche Ansätze:

 

- Probiotika & Präbiotika: Bestimmte Bakterienstämme helfen, das Gleichgewicht im Darm wiederherzustellen – und können dabei auch Hautzustände verbessern (z. B. bei Akne oder Neurodermitis).

 

- Stressreduktion: Yoga, Achtsamkeit oder Psychotherapie können helfen, Hauterkrankungen zu lindern.

 

- Ernährung: Eine ballaststoffreiche, pflanzenbetonte Ernährung unterstützt die Darmflora – und damit auch die Haut.


6. Was sagt die Wissenschaft? – Ein Blick in die Forschung

Immer mehr Studien belegen, dass Hautprobleme wie Akne, Neurodermitis oder Psoriasis nicht isolierte Erkrankungen der Haut sind, sondern oft Teil eines systemischen Ungleichgewichts, das Darm und Psyche mit einbezieht.

 

Akne und Darmflora

Eine häufig zitierte Übersichtsarbeit von Bowe und Logan (2011) analysierte die Darmgesundheit bei Menschen mit Akne. Dabei fiel auf, dass viele Akne-Patient:innen eine verringerte bakterielle Vielfalt im Darm aufwiesen – also eine sogenannte Dysbiose. Die Autoren vermuten, dass eine gestörte Darmflora über Entzündungsstoffe wie Lipopolysaccharide (LPS) die Haut beeinflussen kann. Zudem fanden sie Hinweise darauf, dass Probiotika wie Lactobacillus oder Bifidobacterium entzündungshemmend wirken und die Haut verbessern können.

Neurodermitis und Probiotika bei Kindern

Eine große Meta-Analyse (z. B. Salem et al., 2018) untersuchte den Einsatz von Probiotika bei Kindern mit atopischer Dermatitis (Neurodermitis). In mehreren klinischen Studien zeigten sich verbesserte Hautsymptome, wenn bestimmte Probiotika frühzeitig gegeben wurden. Besonders effektiv waren Kombinationen wie Lactobacillus rhamnosus GG, die sowohl Entzündungen reduzierten als auch das Immunsystem modulierend beeinflussten.

 

Stress als Auslöser von Hautentzündungen

Forscher um Petra Arck (2006) zeigten in ihren Arbeiten zur Neuroimmunologie der Haut, dass chronischer psychischer Stress zu einer dauerhaften Aktivierung der sogenannten HPA-Achse führt – das Stresssystem unseres Körpers. In Tiermodellen (z. B. bei Mäusen mit Ekzemmodellen) konnten sie beobachten, dass Stresshormone wie Cortisol die Hautbarriere schwächen, das Mikrobiom verändern und die Haut anfälliger für Entzündungen machen. Interessant ist, dass diese Mechanismen sowohl auf die Haut als auch auf den Darm wirken – was erklärt, warum sich Stress körperlich „aufschaukeln“ kann.


Rosazea und Mikrobiomveränderung

In neueren Studien wurde auch ein Zusammenhang zwischen Rosazea und einem Ungleichgewicht des Darmmikrobioms festgestellt. Eine Studie aus Korea (Nam et al., 2020) fand bei Rosazea-Patient:innen häufig eine Überwucherung des Dünndarms mit Bakterien (SIBO – Small Intestinal Bacterial Overgrowth). Wurde diese behandelt – z. B. mit Probiotika oder bestimmten Antibiotika –, verbesserten sich oft auch die Hautsymptome.


Fazit – Was bedeutet das?

Die Wissenschaft zeigt deutlich: Haut, Darm und Psyche sind eng miteinander verbunden. Hauterkrankungen sollten nicht nur „von außen“ betrachtet werden, sondern ganzheitlich. Die moderne Forschung liefert gute Argumente dafür, dass Darmgesundheit, Stressbewältigung und eine gesunde Ernährung fester Bestandteil jeder Hauttherapie sein sollten – nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zu klassischen dermatologischen Behandlungen.


Erweiterte Quellen (Auswahl):

  • Bowe WP, Logan AC. Acne vulgaris, probiotics and the gut-brain-skin axis. Gut Pathog. 2011.

  • Salem I et al. The Gut Microbiome as a Major Regulator of the Gut-Skin Axis. Front Microbiol. 2018.

  • Arck P et al. Neuroimmunology of stress: skin takes center stage. J Invest Dermatol. 2006.

  • Nam JH et al. The role of gut microbiota in the pathogenesis of rosacea. Int J Dermatol. 2020.

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